Materialknappheit, Kostensteigerungen und Lieferengpässe forderten die Dätwyler Holding heraus. Nun sehen die Verantwortlichen Chancen für profitables Wachstum. Von den Aktionären gab es aber auch Kritik in Richtung Verwaltungsrat.
"Nach den pandemiebedingten Unterbrüchen ist es eine besondere Freude, dass wir uns hier in Altdorf wieder persönlich und ohne Einschränkungen treffen können": Mit diesen Worten an die versammelten 144 Aktionärinnen und Aktionäre eröffnete Verwaltungsratspräsident Paul Hälg die 65. Generalversammlung der Dätwyler Holding AG, die am vergangenen Dienstag im Theater Uri stattfand. In seiner Ansprache ging er auf die Coronapandemie und auf den Angriff Russlands auf die Ukraine ein. "Beide Ereignisse hatten grosse Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und auf die internationalen Lieferketten."
Als Partner der globalen Impfstoffhersteller konnte Dätwyler mit seinen Produkten zur Bewältigung der Pandemie beitragen. "Dies hat auch unseren Geschäftsgang positiv beeinflusst. Im Gegensatz dazu mussten wir als Folge des Krieges unser Werk in der Ukraine schliessen und einige Kosten in Kauf nehmen." Insbesondere der Krieg habe zu Verknappungen von Rohmaterialien und Energie geführt, was massive Preiserhöhungen nach sich gezogen habe. Die Unsicherheit über die zukünftige geopolitische und wirtschaftliche Entwicklung sei heute so gross wie selten zuvor.
Parallel zu den externen Entwicklungen habe sich innerhalb der letzten drei Jahre auch Dätwyler stark verändert. "Basierend auf einem strategischen Grundsatzentscheid haben wir den Fokus voll auf das ertragsstarke Dichtungsgeschäft mit systemkritischen Elastomer-Komponenten gerichtet", so Hälg. Zudem sei es mit zwei Übernahmen gelungen, neue Marktsegmente und neue geografische Märkte zu erschliessen.
Hälg äusserte sich auch zum Thema Nachhaltigkeit und wies darauf hin, dass Dätwyler mit 27 Produktionswerken auf vier Kontinenten einen beträchtlichen Material- und Energieverbrauch aufweise. "Ich kann Ihnen aber versichern, dass die Umweltfokusthemen und die Reduktion des CO-Ausstosses für mich und für Dätwyler eine hohe Priorität haben", so Hälg. "Wir verfügen unter anderem über eine Klimastrategie mit einem klar definierten Reduktionsplan. Bis 2030 wollen wir in all unseren Werken weltweit CO-neutral produzieren." Bezüglich der erneuerbaren Energiequellen seien die beiden Urner Werke die Vorbilder für die übrigen Werke auf der ganzen Welt. Im vergangenen Herbst wurde auf dem Werk in Schattdorf die bisher grösste Photovoltaikanlage des Kantons Uri installiert.
CEO Dirk Lambrecht orientierte über das Geschäftsjahr 2022. Dieses verzeichnete ein starkes organisches Umsatzwachstum, jedoch eine tiefere Profitabilität aufgrund eines starken Anstiegs der Inputkosten und der verzögerten Wirkung der umgesetzten Preiserhöhungen. Das Nettoergebnis belief sich auf 104,8 Millionen Franken.
"Wir sind überzeugt davon, dass Dätwyler strategisch sehr gut positioniert ist. Es gibt in allen Märkten, die wir bedienen, Chancen für profitables Wachstum", so Lambrecht. "Unsere mittelfristigen Ziele sind deshalb nach wie vor gültig." Unter Annahme eines normalen Umfelds würden ein jährliches Umsatzwachstum von 6 bis 10 Prozent und ein Ebit-Zielband von 18 bis 21 Prozent angestrebt. In das Jahr 2023 ist Dätwyler gemäss dem CEO erfolgreich gestartet. In allen Business Units werde ein guter Geschäftsgang mit einer soliden Nachfrage und erfreulichen Auftragsbeständen verzeichnet.
Im Zusammenhang mit den Wahlen übte Aktionär Willi Tschopp aus Effretikon Kritik am Verwaltungsrat. Er sagte: "Die Zeit ist reif für eine grundlegende Zeitenwende in der personellen Besetzung des Verwaltungsrats. Ich störe mich an den sogenannten Sesselklebern. Von denen gibt es bei Dätwyler leider so einige." Trotzdem wurden alle Verwaltungsräte für eine weitere Amtsperiode von einem Jahr wiedergewählt und zwar ganz deutlich mit Stimmenanteilen von weit über 90 Prozent.
Die Generalversammlung beschloss eine Dividende von Fr. 3.20 (Vorjahr Fr. 4.20) pro Inhaberaktie und Fr. 0.64 (Vorjahr Fr. 0.84) pro Namenaktie. Eine beantragte Statutenänderung aufgrund des revidierten Schweizer Aktienrechts wurde genehmigt. Um die hohe Priorität der Nachhaltigkeit zu betonen, wurde unter anderem der Zweck der Gesellschaft um eine Aussage zur Schaffung von langfristigem und nachhaltigem Wert ergänzt.