Nach drei Niederlagen ohne eigenen Torerfolg treffen die Fußballerinnen des FC Ingolstadt am Sonntag (11 Uhr, Markranstädt) in der 2. Bundesliga ausgerechnet auf den unangefochtenen Tabellenführer RB Leipzig: "Ich sehe die Begegnung als richtig gute Chance für uns. Wir haben viel aus den Niederlagen gelernt und an den Defiziten gearbeitet. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wir am Sonntag punkten werden", gibt sich Samantha Stiglmair optimistisch.
Die 22-Jährige verweist auf die gute Leistung im Hinspiel, das nur knapp mit 0:1 verloren wurde: "Es war eine sehr enge Partie - und die Tabelle müssen wir ohnehin ausblenden", meint die Mittelfeldspielerin angesichts der eigenen Ausgangslage auf einem Abstiegsplatz. Die Ingolstädterinnen liegen als Zwölfte auf einem Abstiegsrang, vier Zähler hinter dem rettenden Ufer.
Co-Trainer Thorsten Splieth sieht es ähnlich: "Wir freuen uns auf Leipzig, die Mädels wollen beweisen, dass sie mehr drauf haben, als sie in den vergangenen Spielen gezeigt haben", so der Coach, der die RB-Frauen für "eine technisch sehr gute Mannschaft und ein ausgezeichnetes Kollektiv" hält. "Trotzdem wollen wir Leipzig auf jeden Fall ärgern", verspricht er.
Verzichten muss das Trainerteam dabei auf die Defensiv-Stammkräfte Anna Petz (Außenband) und Lisa Ebert (berufliche Gründe). Auf jeden Fall dabei sein wird Winterneuzugang Stiglmair, die sich direkt in den Stammkader gespielt hat. Durch ihren älteren Bruder zum Fußball gekommen, spielt sie bereits seit ihrem fünften Lebensjahr im Verein. Zunächst schnürte die gebürtige Neuburgerin ihre Fußballschuhe für den SC Ried, später wechselte sie zum FC Zell/Bruck, wo sie bis zur U15 bei den Jungs mitspielte und gelegentlich bei den Mädchen- und Frauenteams aushalf. Nach einer Talentsichtung schloss sie sich für zwei Jahre der U17 und für eine Saison der Regionalliga-Mannschaft des FC Ingolstadt an, bevor sie 2018 in die USA wechselte: "Da ich nach dem Abitur keine konkreten Pläne hatte, war diese Kombination aus Fußball und Studium für mich perfekt", sagt die Mittelfeldspielerin, die zunächst in der 2. Liga in North Carolina spielte, bevor sie für drei Jahre in die 1. College-Liga in Mississippi wechselte und dort mitten in die Corona-Pandemie geriet. "Erst dachten wir noch, die Saison könne gespielt werden, doch dann war klar, dass nichts mehr geht. Ich musste letztlich sogar über Kanada fliegen, um nach Hause zu kommen", blickt der Neuzugang zurück. Im Jahr 2020 blieb die Studentin zwangsläufig von März bis August 2020 in Deutschland, kehrte jedoch nach Aufhebung der Beschränkungen in die USA zurück.
Dabei sind der amerikanische und der deutsche Frauenfußball natürlich nicht gleich. "In Amerika wird wesentlich körperlicher, dafür weniger schnell agiert. Zudem fehlt es ein bisschen an der Spielintelligenz. Die Bedingungen an den Colleges sind aber super, das Studium wird quasi um den Fußball herumgebaut. Wir konnten morgens trainieren, hatten drei Vollzeit-Coaches, einen eigenen Physiotherapeuten und Athletiktrainer - eigentlich war das vergleichbar mit einem Profi-Alltag", beschreibt Stiglmair, die nach viereinhalb Jahren im Ausland nun wieder auf die Schanz zurückkehrte. "Es hat sich schon ein bisschen wie Nach-Hause-Kommen angefühlt, denn ich kannte ja noch den Kern des Teams, etwa Franziska Maier, Anna-Lena Daum, Vanessa Haim, Anna-Lena Fritz, Alina Mailbeck, Anna Petz und Katharina Schmittmann", beschreibt die Sportmanagement-Studentin, die gerade ihren Master in Business Administration schreibt. "Jetzt möchte ich meinen Teil dazu beitragen, dass wir die Klasse halten."
Vor allem mit ihrer Erfahrung möchte die 22-Jährige dem jungen Team weiterhelfen, "einen Ruhepol im Mittelfeld darstellen und meine Mitspielerinnen in Szene setzen", sagt Stiglmair, die ihre Stärken in ihrer Übersicht, der Spielintelligenz und der Ruhe am Ball sieht. Aber sie will sich natürlich noch weiter verbessern. "Ich muss im Zweikampfverhalten noch aggressiver werden und beim Pressing die richtigen Momente zur Balleroberung erkennen", sagt Stiglmair, die nebenbei in einem Sportgeschäft jobbt. Auch Splieth schätzt die "chillige Art und die Sicherheit", die die Rückkehrerin ausstrahlt. "An ihr können sich die jungen Mädels orientieren."
Angesichts der jüngsten Negativserie stellt sich vor dem Spiel beim Tabellenführer natürlich auch die Frage nach dem Selbstbewusstsein bei den Ingolstädterinnen. "Wir befinden uns schon in einer Drucksituation und haben das vielleicht zu sehr an uns rangelassen", analysiert Stiglmair. "Aber daran haben wir konkret gearbeitet und wollen gegen Leipzig ein anderes Gesicht zeigen", verspricht sie.